Kindesunterhalt nachfordern – Anspruch und Ausnahmefälle

Ex-Partner, die den Unterhalt für ein gemeinsames Kind nicht zahlen sind nicht nur ein Ärgernis, sondern können im schlimmsten Fall zu ernsthaften, wirtschaftlichen Problemen für Unterhaltsberechtige führen.

Kindesunterhalt nachfordern
Wollen Sie den Kindesunterhalt nachfordern? Dann rufen Sie uns an unter 0511 220 053 30. Wir unterstützen Sie.

Ein weiteres Ärgernis kann darin liegen, dass man Unterhalt, der nicht gezahlt wurde, oftmals später nicht mehr nachfordern kann. Hier heißt es schnell sein und seine Rechte wahrnehmen.

Wir zeigen Ihnen in diesem Beitrag, wie man den Kindesunterhalt richtig einfordert und unter welchen Voraussetzungen Sie Kindesunterhalt nachfordern können.

Inhalt
1. Was ist Kindesunterhalt?
2. Gilt die Pflicht zum Kindesunterhalt auch bei unverheirateten Elternteilen?
3. Was ist wenn ein Elternteil keinen Unterhalt zahlt?
4. Kann man Kindesunterhalt rückwirkend geltend machen?
5. Gibt es Ausnahmefälle der rückwirkenden Nachforderung von Kindesunterhalt?
6. Wie lange kann man rückwirkend Kindesunterhalt nachfordern?

1. Was ist Kindesunterhalt?

Haben zwei Menschen ein gemeinsames Kind, sind beide Elternteile für den Unterhalt des Kindes verantwortlich. Da das minderjährige Kind zumeist nicht alleine für sich sorgen kann, lebt es bei einem der beiden Elternteile oder beiden. Der Elternteil, bei dem das Kind lebt, kommt seiner Unterhaltspflicht durch die sog. Naturalleistungen nach, wie Essen, Kleidung, Unterkunft, usw. Gleiches gilt, wenn das Kind bei den zusammenlebenden Elternteilen wohnt.

Lebt das Kind bei nur einem Elternteil, trägt der andere Elternteil durch den Barunterhalt, d.h. durch die Zahlung eines Geldbetrages, zum Unterhalt des Kindes bei. Dieser Kindesunterhalt kann z.B. bei der Scheidung durch das Familiengericht festgelegt werden, durch ein gesondertes Verfahren vor dem Familiengericht, durch einen Ehevertrag oder durch eine Scheidungsfolgenvereinbarung.

Haben die beiden Elternteile ein Wechselmodell oder Pendelmodell vereinbart, dann lebt das Kind abwechselnd bei dem einen Elternteil und dann wieder bei dem anderen Elternteil. In einem solchen Fall sind beide Elternteile unterhaltspflichtig.

Kindesunterhalt beim Wechselunterhalt

Mehr zum Wechselmodell finden Sie in diesem Beitrag.

Die Höhe des Kindesunterhalts wird anhand der sog. Düsseldorfer Tabelle bestimmt. Diese Tabelle gibt einen Anhaltspunkt, wie hoch der Kindesunterhalt abhängig vom Einkommen des unterhaltspflichtigen Elternteils und des Alters des Kindes ausfällt. Die Tabelle wird jedes Jahr neu angepasst, hat aber keine Gesetzeskraft.

2. Gilt die Pflicht zum Kindesunterhalt auch bei unverheirateten Elternteilen?

Ob die beiden Elternteile des Kindes verheiratet waren oder nicht, ist bei der Pflicht zum Unterhalt unerheblich. Allerdings ist es bei verheirateten Elternteile hinsichtlich der Vermutung des Ehemanns als biologischem Vater und der Entscheidung über den Kindesunterhalt während eines Scheidungsverfahrens, etwas einfach den Kindesunterhalt direkt zu vereinbaren oder entscheiden zu lassen.

Aber auch bei unverheirateten Elternteilen besteht die Pflicht zum Kindesunterhalt. Dies kann ebenso wie bei ehemals verheirateten Elternteilen durch eine einvernehmliche vertragliche Vereinbarung festgelegt werden. Ist dies allerdings nicht möglich, weil ein Elternteil keinen Unterhalt zahlen will, muss der Kindesunterhalt vor dem Familiengericht eingeklagt werden.

3. Was ist wenn ein Elternteil keinen Unterhalt zahlt?

Wie eingangs erwähnt sind Elternteile, die keinen Unterhalt zahlen, nicht nur ein Ärgernis, sondern auch ein großes Problem. Für den unterhaltsberechtigten Elternteil kann dies bedeuten, dass der Elternteil allein für alle Kosten des Unterhalts aufkommen muss und damit – vor allem bei einem nicht so hohen Einkommen –wirtschaftliche Probleme aufkommen können.

Doch in der Praxis scheuen sich unterhaltsberechtigte Elternteile oft davor den unterhaltspflichtigen aber nicht zahlenden Elternteil auf seine ausbleibenden Zahlungen hinzuweisen. Doch dies kann den unterhaltsberechtigten Elternteil teuer zu stehen bekommen, denn die rückwirkende Forderung ist oft nicht möglich.

Tipp: Damit sie als unterhaltsberechtigter Elternteil nicht den Anspruch auf den nicht gezahlten Kindesunterhalt des unterhaltspflichtigen Elternteils verlieren, sollten sie in jedem Fall bestimmte Schritte unternehmen. Sie sollten sich auf keinen Fall mit dem ausbleibenden Unterhalt zufriedengeben und einen Anwalt für Familienrecht einschalten.

4. Kann man Kindesunterhalt rückwirkend geltend machen?

Egal ob der Kindesunterhalt bereits durch das Familiengericht bestimmt ist oder der andere Elternteil sich weigert eine Vereinbarung zu treffen und Unterhalt zu leisten, muss man als unterhaltsberechtigter Elternteil tätig werden. Wenn man keine Maßnahmen gegen den zahlungsunwilligen Elternteil unternimmt, ist die rückwirkende Geltendmachung des Unterhalts zumeist ausgeschlossen.

Die rechtliche Regelung in § 1613 Abs. 1 BGB sieht vor, dass bestimmte sog. Sicherungsmittel durch den unterhaltsberechtigten Elternteil angestoßen werden müssen. Zu den Sicherungsmaßnahmen zählen:

  • Auskunftsersuchen: der unterhaltsverpflichtete Elternteil muss aufgefordert werden über seine Verhältnisse (Einkommen und Vermögen) Auskunft zu geben. Dies geschieht schriftlich und mit einer Frist.
  • In Verzug setzen: der unterhaltsverpflichtete Elternteil muss aufgefordert werden den nicht gezahlten Unterhalt bis zu einer Frist zu leisten
  • Unterhaltsklage: gegen den unterhaltsverpflichteten Elternteil wird ein Unterhaltsverfahren vor dem Familiengericht eingeleitet

In jedem Fall sollten sich unterhaltsberechtigte Elternteile bei ausbleibenden Unterhaltszahlungen von einem Fachanwalt für Familienrecht beraten lassen, um solche Sicherungsmaßnahmen rechtsfehlerfrei erstellen zu lassen.

5. Gibt es Ausnahmefälle der rückwirkenden Nachforderung von Kindesunterhalt?

Kindesunterhalt nachfordern ist nur in engen rechtlichen Grenzen möglichen. Es gibt Ausnahmen bei der rückwirkenden Nachforderung. Dies ist in den folgenden Fällen ohne Sicherungsmaßnahmen möglich:

1. Sonderbedarf

Benötigt man als unterhaltsberechtigter Elternteil überraschend Geldbeträge, die als Ausgaben über den Bedarf des alltäglichen Lebens hinausgehen, kann dieser Betrag auch rückwirkend ohne Sicherungsmaßnahmen eingefordert werden. Im Vergleich mit dem bisherigen Unterhalt muss der Sonderbedarf unverhältnismäßig hoch bemessen sein.

Zum Sonderbedarf zählen u.a.:

  • Erstausstattung für einen Säugling
  • Brille, medizinische Behandlungen
  • Kuraufenthalte

2. Man war an der Geltendmachung gehindert

Ist man als unterhaltsberechtigter Elternteil an der Geltendmachung gehindert, kann auch rückwirkend ohne Sicherungsmaßnahmen Unterhalt geltend gemacht werden. Es wird dabei zwischen rechtlichen Gründen und tatsächlichen Gründen für die Verhinderung unterschieden.

Rechtliche Gründe liegen z.B. vor, wenn der Vater noch nicht ermittelt wurde oder die Vaterschaft bisher nicht anerkannt wurde. In solchen Fällen ist nicht möglich den unterhaltsverpflichteten Elternteil rechtzeitig in Anspruch zu nehmen.

Steht zwar z.B. der Vater eines Kindes fest, ist aber unbekannt verzogen, ist es ebenso nicht möglich den Unterhaltsanspruch gegen diesen geltend zu machen. In einem solchen Fall spricht man von einem tatsächlichen Grund, weshalb man an der Geltendmachung gehindert war.

6. Wie lange kann man rückwirkend Kindesunterhalt nachfordern?

Der Kindesunterhalt soll jeden Monat das wirtschaftliche Überleben und die Versorgung des Kindes sicherstellen und nicht zu einer Vermögensbildung führen. Deshalb sollten die rückständigen Zahlungen des Unterhalts durch den unterhaltsberechtigten Elternteil immer sehr zeitnah zum Ausbleiben der Zahlung geltend gemacht werden.

Zahlt der unterhaltspflichtige Elternteil trotz eines Unterhaltstitels des Familiengerichts und einer Aufforderung zur Zahlung mit Fristsetzung nicht, muss man weitergehende Maßnahmen ergreifen. Diese können z.B. in einer Zwangsvollstreckung oder Lohnpfändung bestehen.

Unternimmt man diese Schritte allerdings nicht oder lässt sich allzu viel Zeit damit, verliert man den Anspruch auf den rückständigen Unterhalt nach spätestens einem Jahr. Der Anspruch ist für den unterhaltsberechtigten Elternteil in einem solchen Fall verwirkt.

Bilderquellennachweis: © PantherMedia / ufabizphoto

Martina Kellermann
Martina Kellermann
Seit 2001 ist Martina Kellermann nahezu ausschließlich als Anwältin für Familienrecht in Hannover tätig. Mit ihrem reichen Fundus an Erfahrung auf diesem Rechtsgebiet und durch ihre Spezialisierung berät sie ihre Mandanten im außergerichtlichen und gerichtlichen Bereich, stets auf dem aktuellen Stand der Rechtslage.
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